In einer bewegten Zeit hat auch eine Bürgermeisterwahl besondere Bedeutung: Valentin Schreiber
hatte zur Zufriedenheit aller die Gemeinde 14 Jahre lang geleitet. Die Regierung hatte den Wahlakt
auf den 3. Januar angesetzt. Die Neuwahl vollzog sich in Ruhe und ohne Leidenschaft, obwohl drei
Kandidaten um den Sieg rangen: Der Ölenmüller Franz Bernhard Hembes und die Landwirte Franz
Müller und Peter Kissel. Hembes erhielt am 25. Februar sein Dekret und wurde am 31. März in sein Amt eingeführt. Diese feierliche Installation gestaltete sich zu einem festlichen Tag für die ganze Gemeinde. Eine noch vorhandene, 1849 erschienene Gedenkschrift ist sehr lesenswert.
Die festliche Bedeutung des Tages wurde durch Böllerschießen und Reveille verkündet. Um 11.00 Uhr wurde der Neugewählte durch den Regierungspräsidenten Freiherr von Dalwigk zu Lichtenfels im
Beisein des Orts-, Kirchen- und Schulvorstandes und des Ortspfarrers Oswald im Rathaus amtlich
eingesetzt. Nach beendigter Installation sprach der Vorsitzende der Turngemeinde, Johann Quetsch,
dem Bürgermeister, der selbst noch ein junger Mann von 27 Jahren war, die Ergebenheit der Turner
aus. Er sagte u.a. wörtlich: "Seien Sie als freier Patriot unser Mann, der Gesetz und Recht bewahrt.
Lassen Sie sich nie durch despotische Regierungsbefehle abschrecken, fordern Sie in solchen Fällen
Ihre Gemeinde auf. Dieselbe wird Sie vor allen Übeln schützen, welche eine Gewaltherrschaft über
Sie verhängen wird.
Starke Worte, die im Beisein einer hohen Regierungsstelle ausgesprochen wurden. Es war eben Revolution. Quetsch überreichte dem Bürgermeister ein Etui, welches die vorstehende Rede mit den Unterschriften der Turner enthielt.
Auf dem Kirchplatz hatten der Musikverein, der Turnverein, der Schützenverein, der Männergesangverein, die Veteranen und die ganze Gemeinde Aufstellung genommen. Unter Tusch, Böllersalven und Gewehrfeuer ordnete sich ein Festzug. Vor dem Hause des Bürgermeisters in der Obergasse hielt der Regierungspräsident eine Ansprache an die Turner, endigend mit dem Gruß "Gut Heil". Er hatte also der Zeit Rechnung getragen und wusste ein freies Wort in freier Zeit richtig zu beurteilen. Bürgermeister Hembes vertrat auch im hessischen Landtag zu Darmstadt in den 50er und 60er Jahren den damaligen Wahlkreis Ober-Olm - Wörrstadt.
Anm.: Bürgermeister Franz Bernhard Hembes war der Ururgroßvater des 1. Vorsitzenden
des Turnvereins Ober-Olm im Jubiläumsjahr 1998, Bernd Hembes.